Tortour 2021 – Ein Radrennen der Superlative

Die folgenden Zeilen sind ein Versuch etwas Grosses in wenigen Worten zu beschreiben. Es wird mir nur zum Teil gelingen. Wer nicht lange lesen mag soll einfach beim zweitletzten Abschnitt weiterlesen ;-)

 

Für alle die nicht wissen was hinter dem Namen Tortour steckt, eine kurze Erklärung: Es gilt mit dem Rennrad 1‘000 km und knapp 14‘000 Höhenmeter zu bestreiten. Die Strecke führt so quasi rund um die Schweiz auf nicht gesperrten Strassen. Es ist ein Non-Stopp Rennen. Das heisst es wird ohne Pausen gefahren (und dies bei jeder Witterung). 

 

Tortour – der Name ist Programm!

 

Das Rennen kann alleine, im 2er, 4er oder 6er Team gefahren werden. Nein, nein ich bin es nicht alleine gefahren. Bereits 2020 wollte ich zusammen mit Club-Kollegen in einem 4er Team unter dem Namen der 3star cats starten. Leider wurde aber damals infolge eines tragischen Unfalls das Rennen am Oberalppass abgebrochen. Unser Traum, an der Tortour mitzufahren, war aber nach wie vor vorhanden.

 

Die 1‘000 km sind in 17 Etappen aufgeteilt. Die Erste, eine in der Mitte (Sion – Aigle) und die Schlussetappe wird gemeinsam gefahren. Die restlichen Etappen sind jeweils durch einen Fahrer zu bestreiten. Somit fährt nicht jeder einfach nun 250km sondern je nachdem zwischen 314 und 403 km mit 3‘550 bis 4‘660 Höhenmetern.

 

Im Dezember haben wir uns dann wieder als 4er Team angemeldet. Die Vorbereitung war intensiv und es lief auch nicht alles rund. Details erspar ich Euch an dieser Stelle. Bei Interesse einfach mal zum Stammtisch kommen und mich darauf anquatschen ;-)

Mit von der Partie waren schlussendlich Frank Spengler, Clemens Steffan, Roland Brei und ich (Stefan Niederbacher). Jeder dieser Teilnehmer übernahm ein Fahrerprofil:

Fahrer A – Stefan Niederbacher

Fahrer B – Roland Brei

Fahrer C – Frank Spengler 

Fahrer D – Clemens Steffan

 

Um es anschliessend einfacher zur machen, werde ich also nur noch von Fahrer A, B, C oder D sprechen. Ach ja, Fahrer A und B bildet ein Sub-Team mit 2 Begleitern und einem Begleitfahrzeug. Das gleiche galt auch für Fahrer C und D.

An dieser Stelle in grosses Dankschön an unsere Logistikmannschaft: Annette Niederbacher, Danijel Brei sowie Martin und Johannes Steffan. Was dieses Team geleistet hat ist unbezahlbar. 

Alle Fahrer nutzten die Zeit und haben sich in verschiedensten Trainings (im Regen, bei Hitze, im Dunkeln, am Berg, etc.) auf die Tortour vorbereitet.

 

So trafen wir uns voll motiviert am Donnerstag dem 19. August zum Prolog im Sihlcity. Der Prolog war in diesem Fall ein virtuelles Fahren auf Spinning-Bikes über eine Distanz von einem Kilometer (3 Runden auf der offenen Radrennbahn in Zürich-Oerlikon). Die Klassierung brachte uns den sechsten Startplatz ein.

 

Am Freitagmorgen um 05:11 Uhr viel dann der Startschuss für das Team der 3star cats. Ich muss an dieser Stelle noch erwähnen, dass uns die Familie Brazerol in grün gekleidet angefeuert und auf die Reise geschickt hat. Ein fantastischer Start in die Tortour.

 

Die erste Etappe vom Sihlcity nach Niederurnen mussten wir Team fahren. Konzentriert und fokussiert spielten wir das belgische Karussell durch. Da ich als Fahrer A direkt im Anschluss von Niederurnen nach Chur fahren durfte, hielt ich mich, um die Kräfte zu schonen, zurück. Mit einem Schnitt von 33.6 km/h konnten wir die ersten 56km hinter uns bringen.

 

Ach ja, fast hätte ich es vergessen. Bei einem solchen Anlass spielt das Wetter eine enorme Rolle. Wir hatten Glück und durften die ganze Tortour ohne ein Regentropfen absolvieren. Es war schon grandios in den Sonnenaufgang hineinzufahren.

 

In Niederurnen fuhr ich einfach weiter über den Kerenzerberg nach Chur. Dort übergab ich den Tracker an Fahrer B (Roland) der den Anstieg nach Disentis unter die Räder nahm. 

Während Fahrer A und B unterwegs waren konnten das Team von Fahrer C und D ganz entspannt im Heidiland frühstücken.

 

Allerdings mussten sie natürlich auch frühzeitig am Übergabepunkt in Disentis sein um da den Tracker wieder in Empfang zu nehmen. Alles klappte perfekt und Fahrer C (Frank) stand bereit und startete zu seiner ersten Soloetappe. Während der Fahrer C den Lukmanier hochfuhr, konnte das Team Fahrer A und B bereits über den Oberalppass Richtung Realp fahren. Dass wir uns unterwegs noch eine Portion Teigwaren gönnten versteht sich von selbst. In Pollegio angekommen übernahm Fahrer D (Clemens) den Tracker. Er durfte die längste Steigung auf den Gotthard in Angriff nehmen. Als er in Realp ankam hatten wir bereits 20 Minuten Vorsprung gegenüber unsere Planung. Es lief richtig gut. So übernahm in Realp wieder der Fahrer A. Die Route führte über den Furka nach Fiesch. Fahrer B übernahm wieder und düste mit leichten Gegenwind Richtung Sion. Da ab 20:30 Uhr im Nachtmodus gefahren werden muss, hiess das für Roland auch schon Licht einzuschalten. In Sion wiederum wurde er vom ganzen Team in Empfang genommen um anschiessend zu viert nach Aigle zu fahren. Ein Teambus folgte uns als Safety-Car, der andere fuhr direkt nach Aigle. Aus dem Ablauf lässt sich nun auch erkennen, dass Fahrer B hier ein Doppeletappe von zusammen 130 km zu bewältigen hatte. Nach Sion bekamen wir dann auch den Westwind zu spüren. Das Tempo wurde reduziert und Fahrer A und D übernahmen abwechselnd den Lead. So konnte Fahrer B und C Windschatten fahren und die Kräfte für die Doppeletappen wurden besser aufgeteilt. Fahrer C führ in Aigle einfach weiter und durfte bis Gstaad 1‘432 Höhenmeter überwinden. Anschliessend ging es von Gstaad nach Bulle weiter nach Cheyres. Da es inzwischen Samstagmorgen 6:30 Uhr war durfte wieder im Tagmodus gefahren werden. Die Reise führte uns weiter nach Jens – Langnau i. E., Sempach, Küssnach a. R. bis Hütten.

 

In Hütten trafen sich wieder alle um die letzte Etappe zurück ins Sihlcity gemeinsam zu fahren. Das Ziel war fast schon in Reichweite. Nun hiess es nicht übermütig werden. Weiterhin konzentriert und fokussiert zu fahren, um unfallfrei anzukommen.

 

Gegenüber der Planung hatten wir inzwischen 2 Std. 20 Min. rausgefahren. Toll für uns, nicht so toll für die Ehefrauen, Freunde, Kollegen usw. die alle ziemlich Gas geben mussten, damit sie bis zu unserer Zieleinfahrt auch im Sihlcity waren.

 

Endlich nach 36 Stunden und 31 Minuten rollten wir im Sihlcity ein. Der Empfang war überwältigend. Mit einem grossen Plakat, Kuhglocken, Applaus und Zurufen wurden wir in Empfang genommen. Auch das Clubgrün war gut vertreten.

 

Emotionen pur! Was für ein Erlebnis! Unvergesslich und auch unbezahlbar!

 

Ich bin mega stolz auf das Team der 3star cats und die erbrachte Leistung. Der Team-Spirit war grossartig und die Zusammenarbeit hat perfekt funktioniert. Ich bin aber auch unendlich dankbar, dass wir alle wieder gesund zu unseren Liebsten zurückkehren durften. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein solches Rennen ohne Unfall, ohne Panne und auch ohne Verletzungen beendet werden kann. Danke an alle Teamkollegen für das umsichtige und auch konzentrierte Fahren.

 

Ach ja, fast vergessen. Ich wurde immer wieder auch nach dem Schlafen gefragt: Vor der Tortour: eher schlecht. Während der Tortour: kaum bis gar nicht. Nach der Tortour: so gut wie schon lange nicht mehr ;-)

 

Ein spezieller Dank geht an unser Logistikteam welches einen phänomenalen Job geleistet hat, den  Triathlon-Club 3star cats wallisellen der eine tolle Plattform auch für einen solchen Anlass bietet sowie allen Freunden und Bekannten sowie Clubmitgliedern die mit uns gelitten und gefiebert haben. Sei es vor Ort oder auch virtuell. DANKE Euch allen. Ihr seid grossartig!

 

Bericht: Stefan Niederbacher

Bilder: Annette Niederbacher